Beitrag vom Christiane Brunnée

Vom Erinnern zum Aufschreiben

Die Quelle, aus der heraus eine Autobiografie, Memoiren oder Lebenserinnerungen entstehen, ist Ihre persönliche Erinnerung. Schon bald stellen wir fest, die Erinnerung liegt aber nicht vor uns wie ein offenes Buch, in dem alles der Reihe nach steht.
Wie gelingt es, ein gelebtes Leben authentisch in Worte zu bringen?

Die Erinnerungen der vergangenen Jahrzehnte ordnen

Wir erinnern uns zuallererst an die Ereignisse, die für uns persönlich die bedeutsamsten sind. Und das ist auch der beste Anfang. Da mag es schon sein, dass Ihnen die eine oder andere Einzelheit nicht gleich wieder einfällt, aber das Wichtigste haben Sie vermutlich nicht vergessen. Sobald Sie beginnen, aktiv über die Erlebnisse der Vergangenheit nachdenken oder wir uns zusammen darüber unterhalten, werden Sie merken, wie eines sich zum anderen findet. Plötzlich sind Dinge wieder lebendig, die scheinbar verschüttet waren. Ich erlebe es oft, wie lange vergessene Begebenheiten wie von selbst wieder auftauchen. Das können sehr schöne, aber natürlich auch weniger gute Dinge sein. So ist das Leben.



7 Ideen, um Erinnerungen zu wecken

Ein schönes Buch mit den Erinnerungen an ein langes Leben entsteht mit Ruhe und Zeit.

1. Sich Zeit nehmen

Die Beschäftigung mit der Vergangenheit des eigenen Lebens führt manchmal zu ganz paradoxen Phänomenen: Auf Knopfdruck können wir gar nichts rechtes sagen, ist alles durcheinander. Wenn ein Buch entsteht, funktioniert das nicht nebenbei im „Hamsterrad“ der alltäglichen Pflichten. Suchen Sie sich gezielt Tage, an denen etwas Zeit ist, Ruhe und Muße. In einer ungestörten, entspannten Atmosphäre kommt die Erzählung ins Fließen, spinnen sich die Fäden wie von selbst. In einer solchen locker-aufmerksamen Situation sammeln Sie zunächst nur alles das ein, was Ihnen in den Sinn kommt.

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2. Notizbuch oder Zettelkasten

Wer mit einer Biografie angefangen hat, dem fällt oft ganz zufällig und nebenbei etwas ein, das unbedingt dazugehört, oder nachts. Eine kleine Notiz hilft dann, dass der Punkt nicht vergessen wird. Einfach schnell in einem Büchlein oder Zettelkästchen vermerken, dann geht nichts verloren. Bitte schreiben Sie nur ein paar kurze Stichworte auf, sonst wird es zu aufwändig und unterbleibt bald, was schade wäre.

3. Fotos, Briefe, Kalender

Haben Sie Fotos von früher? Beim Betrachten der alten Bilder kommen die Erinnerungen eigentlich wie von selbst. Vielleicht gibt es auch jemanden, der Ihnen nahesteht, dann ergänzen sich die Dinge, die einem einfallen, oft noch ganz wunderbar: „Weißt du noch?“

Auch alte Post – Briefe, Postkarten, Telegramme– die wir aufbewahrt haben, bieten beim Wiederlesen häufig große Überraschungen. Falls sie in Sütterlin geschrieben sind und Ihnen Schwierigkeiten beim Lesen bereiten, helfen wir gern! In vielen Familien befinden sich noch Feldpostbriefe aus den Weltkriegen, aus denen wir vieles erfahren.
Oftmals haben wir Jahreskalender, in denen wir wie in einem Tagebuch ablesen können, was unsere Tage füllte. Schauen Sie nach in Keller, Dachboden oder Abstellkammer, vielleicht werden Sie den einen oder anderen Überraschungsfund haben.

Das Buch als Erinnerungsstück
Das Buch als Erinnerungsstück

4. Erinnerungsstücke

Gehören Sie zu den Sammlern? Nicht jeder, aber viele Menschen heben die Stücke auf, die Ihnen etwas bedeutet haben – sofern es möglich ist oder war natürlich. Diese ganz persönlichen Lieblingsstücke sollten auf jeden Fall ihren Platz bekommen in einer Biografie. Sie berichten so viel über die Zeit und den Menschen. Was das ist, kann ganz unterschiedlich sein: Eine alte Puppe, ein blank geliebter Teddybär, eine Kinderzeichnung, ein Zeugnis oder Poesiealbum. Souvenirs, Bücher oder Schallplatten, ein Instrument, Auto oder Roller… Sie werden staunen, wie sehr diese Dinge „Kinder ihrer Zeit“ sind. Erzählen Sie die dazugehörige Geschichte!

5. „Früher war alles besser!“

Viele Menschen neigen dazu, die Vergangenheit zu verklären. Interessant ist dabei die Frage, wie genau war denn das Leben „früher“?
Wie war der Tagesablauf eines Heranwachsenden? Was gab es für Gebote bzw. Verbote? Was wurde gegessen? Wie sah die Kleidung aus – und wo kam sie eigentlich her? Wie hörte sich das Leben bei Ihnen zu Hause an? Gab es bestimmte, ganz typische Geräusche oder Gerüche? Hatten Sie etwas, auf das Sie besonders stolz waren? Welche Ängste und Sorgen bedrückten Sie als Kind? Wohin ging es am Wochenende? Sie merken schon, worauf es ankommt: Lebendige Bilder zu zeichnen, die die Etappen Ihres Lebens spiegeln.

Die Fakten in Zusammenhang mit den sinnlichen Eindrücken und ganz persönlichen Gefühlen sind es, die aus Ihren Erinnerungen eine lebendige Erzählung werden lassen.

6. Suchen Sie die Orte Ihrer Vergangenheit auf!

Die Orte, die in unserer Vergangenheit eine wichtige Rolle spielten, liegen oftmals ganz woanders als unser gegenwärtiger Lebensmittelpunkt. Suchen Sie sie auf, und Sie werden staunen. Viele dieser Orte sind sehr stark mit Erinnerungen verbunden, die Sie durch einen Besuch wieder wachrufen können: Das Haus Ihrer Kindheit, die erste Schule, die Nachbarschaft oder die Kirche – nur Sie kennen diese bedeutsamen Orte!

7. „Auch der weiteste Weg beginnt mit einem ersten Schritt.“

„Das Wichtigste zuerst!“, lautet eine Lebensregel. Sie werden vielleicht manchmal denken, dass der Weg von der ersten Idee einer Biografie bis zum fertigen Buch zu lang ist. Legen Sie selbst den Rahmen fest: Es soll und kann nicht eine lückenlose Darstellung sein. Denken Sie an das, was Ihr Leben im Wesentlichen bestimmt hat. Dafür reicht es aus, gewisse typische Dinge oder Beispiele zu geben. Das genügt.  

Ihre Biografie leistet einen wertvollen Beitrag zum Verständnis Ihrer Generation und dem Leben, das Sie führen.

Das Leben lässt sich nur rückwärts verstehen, muss aber vorwärts gelebt werden.
Sören Kierkegaard, Philosoph